Basel (hjA). Der Weihnachtsmann des 21. Jahrhunderts ist glattrasiert, trägt eine Glatze, gerne edle schwarze Anzüge und rahmengenähte Schuhe von der britischen Insel. „Weihnachtsbaumschmuckausstattungsgeschaeft“ steht in großen Lettern über dem Schaufenster seiner Residenz am Spalenberg in Basel, in dem es glitzert und bunt leuchtet. Sein Name: Johann Wanner.
Er ist ein freundlicher Herr, dieser „Weihnachtsmann“ aus der Schweiz, der in Amerika „Father Christmas“ und in Frankreich „Chanel de la boule“, Modeschöpfer für (Weihnachts-)Kugeln, genannt wird. Ein wenig schelmisch sitzt Johann Wanner in seinem Weihnachtscafé unweit seines Hauptgeschäftes, in dem sich die Kunden bei einer leckeren Tasse heißer Schokolade ebenso dicht drängen wie die Tausenden Artikel rund um den Weihnachtsbaum.
Johann Wanner: Trendsetter im glitzernden Weihnachtsgeschäft
Wie er dort sitzt und erzählt, der 1939 Geborene, wirkt er geradezu bescheiden. Dass er einen Rolls-Royce sein Eigen nennt, seine Gästewohnung – eine Art Schauraum – eine Etage tiefer mit altem edlen Mobiliar bestückt ist und nahezu einem Museum gleicht, scheinen Nebensächlichkeiten. Denn bei ihm dreht sich zu allererst einmal alles um das Thema Weihnachtsschmuck in allen Formen und Farben. Johann Wanner gilt international als „der“ Trendsetter in diesem glitzernden Geschäft.
Seine Kreationen sind in der ganzen Welt gefragt. Das Weiße Haus in Washington zählt ebenso zu seiner Kundschaft wie der Vatikan. Die Queen greift gerne auf die mehr als fünf Jahrzehnte Weihnachtsbaumschmuck-Erfahrung des Schweizers zurück. Und wenn es die Grimaldis in Monaco zur Weihnachtszeit so richtig schön haben wollen, dann klingelt in Johann Wanners Zweieinhalb-Quadratmeter-Büro am Spalenberg, das einer übervollen kleinen Abstellkammer gleicht, das Telefon.
Nicht zu vergessen ist der ein oder andere Scheich, dem einfällt, dass er Besucher hat, die Weihnachten zugeneigt sind, und „am liebsten schon gestern“ ein paar edel geschmückte Tannenbäume geliefert bekommen will. Fertig dekoriert – versteht sich.
Und wer an Basels Grandhotel „Les Trois Rois“ vorbeikommt oder dort einzieht, dem stechen sofort die Wannerschen Weihnachtsbäume ins Auge, die sich, je nach Kundenwunsch, geschmackvoll, dezent, kitschig oder schrill darstellen. Dann sind da noch all die Menschen, die zum Wanner strömen. Touristen und Baseler, die bei ihm das ganze Jahr über originellen Weihnachtsschmuck (zu erschwinglichen Preisen) kaufen.
„Es wird auf gesagt, ich sei Millionär. Das könnte sein.“
Rund 500 zahlende Kunden habe er zurzeit täglich, gibt sich der Händler zurückhaltend, wenn er nach seinen Umsatzzahlen gefragt wird. Die Schätzungen in der Öffentlichkeit hätten schon vor eineinhalb Jahrzehnten zwischen 1,5 und 30 Millionen Franken (972 000 und 19,4 Millionen Euro) gelegen, sagt er dann und schiebt lachend nach: „Es wird auch gesagt, ich sei Millionär. Das könnte sogar sein.“
Und wie wird man mit Weihnachtsschmuck Millionär? Johann Wanner begann damit Mitte der 1960er-Jahre, nachdem er sich als 22-Jähriger erst in den Orient aufgemacht hatte und dann nach Basel zurückgekehrt war. Er widmete sich zunächst dem Antiquitätenhandel, darunter auch altem Weihnachts schmuck. Der gefiel den Kunden besonders. So begann er Weihnachtsschmuck aus alten Originalformen herstellen zu lassen.
Der erste Weihnachtsbaumschmuck kam aus der DDR
Er reiste in die damalige DDR nach Thüringen, wo viele Glasbläserfamilien tätig waren, und überzeugte das Regime, dass sich Geschäfte mit ihm lohnen. Für rund 500.000 DDR-Mark jährlich ließ er dort Baumschmuck fertigen. Noch heute arbeitet Johann Wanner mit diesen Werkstätten zusammen, hinzugekommen sind Betriebe in Polen und Tschechien.
Inzwischen sind Trendscouts für sein Unternehmen, das 15 Mitarbeiter zählt – darunter seine Frau -, unterwegs, um dem Kundengeschmack nachzuspüren. Zurzeit sind Motive aus den 1960er-Jahren „in“. Rot mit weißen Punkten zum Beispiel. So beobachtet der „Weihnächtler“ erfreut, wie die Kunden nach den Kugeln greifen und sich in dem glitzernden Rund spiegeln. „Weihnachtsschmuck ist ein Spiegel der Gesellschaft“, sagt er dann und schwärmt: „Die Kugel ist das Sinnbild für Vollkommenheit.“
© Hans-Jürgen Amtage | Minden
Der Weihnachtsbaumschmuckausstattungsexperte | aus dem Mindener Tageblatt